Lesetipp - Rezension zu Sarah Perrys "Die Schlange von Essex"
Titel: Die Schlange von Essex
Autor: Sarah Perry
Verlag: Eichborn Verlag
Seiten: 493
ISBN: 978-3847900306
Preis:
24,00€ (Print)/ 17,99€ (Ebook)
Erschienen: 09/2017
Genre: Gegenwartsliteratur
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London im Jahr 1893. Nach dem Tod ihres Mannes verlässt Cora Seaborne
die Hauptstadt und reist gemeinsam mit ihrem Sohn Francis in den Küstenort
Aldwinter. Als Naturwissenschaftlerin und Anhängerin der provokanten Thesen
Charles Darwins gerät sie dort mit dem Pfarrer William Ransome aneinander.
Beide sind in rein gar nichts einer Meinung, beide fühlen sich unaufhaltsam zum
anderen hingezogen.
Anmutig und intelligent erzählt dieser Roman - noch vor allem anderen
- von der Liebe und den unzähligen Verkleidungen, in denen sie uns
gegenübertritt."
Wo fange ich
an, wo höre ich auf? Diese Geschichte ist verstörend, tiefgründig und dennoch
teilweise für mich sehr grenzwertig. Sie ist schonungslos, irgendwie skurril
und trotzdem konnte ich sie nicht aus der Hand legen.
Sarah Perry
hat einen sehr eindrücklichen und symbolreichen Schreibstil. Sehr authentisch
vermittelt sie mit ihren Worten nicht nur die Bilder, sondern auch die damals
vorherrschende Stimmung. Man hat das Gefühl, ein Teil der Geschichte zu sein,
die Dinge, die sie erzählt, nicht nur zu sehen, sondern auch zu riechen, zu
schmecken – zu erleben. Die Handlung besteht aus verschiedenen Metaebenen, die,
je nachdem, wer dieses Buch liest, unterschiedlich wirken. Philosophie,
Glauben, Wissenschaft – so viele Betrachtungsmöglichkeiten, die mich nachhaltig
beschäftigen, weil man, je länger man darüber nachdenkt, noch so viele kleine
Details entdeckt.
Der Roman
wird sehr kontrovers besprochen – die einen lieben es, die anderen finden
keinen Zugang. Ich verstehe beide Seiten, denn man muss sich auf dieses
literarische Erlebnis einlassen.
Zu Beginn
war ich mir nicht sicher, ob mir das gelingen wird, denn die Abfolgen sind
schnell, während den Szenen gibt es immer wieder Blickwechsel, als würde eine
Kamera einen speziellen Moment betrachten und dann, unabhängig von der Distanz,
die zwischen den einzelnen Figuren liegt, gibt es eine Art Bestandsaufnahme,
was die einzelnen Protagonisten genau in diesem Moment erleben.
Neben den
beiden Hauptprotagonisten Cora und William gibt es eine Fülle an weiteren
Handelnden, von denen einer seltsamer als der andere ist. Ich weiß, diese
Aussage ist sehr anmaßend, aber sie haben irgendwie alle – vorsichtig gesagt –
ihre Eigenheiten und Probleme (normalerweise würde ich das anders nennen J )
Und genau
diese speziellen Charaktere und ihr Handeln machen aus dieser Story etwas
Besonderes – ob das jetzt gut ist oder nicht, ob es einem gefällt oder nicht,
das muss jeder für sich entscheiden. Mir waren manche Szenen zu hart, manches
hat mich geekelt, manches erschien mir geschmacklos, und dennoch konnte ich
nicht wegsehen, mich dem entziehen. Ich wollte, nein, musste erfahren, wie es
weitergeht, wie es endet.
Dieser Roman
spaltet die Gemüter, absolut verständlich. Mich hat er fasziniert, mitgerissen,
zum Nachdenken angeregt. Er hat mir verschiedene Blickwinkel eröffnet, von
denen manche wirklich schwer (für mich zumindest) zu ertragen waren, aber ich
konnte es nicht weglegen. Hut ab, Sarah Perry, für diesen unglaublichen
Einblick in eine Welt, die sich mir so noch nie gezeigt hat.
Im Buch gibt
es eine Szene, in der es in einem Gespräch um ein Wort geht, das in der
gleichen Schreibweise, bei gleicher Aussprache, komplett gegensätzliche
Bedeutung haben kann: geteilt.
Und ich
denke, es ist sehr zutreffend und beschreibt diesen unglaublichen (auch so ein
Wort) Roman recht gut, denn über „Die Schlange von Essex“ gibt es geteilte
Meinungen – die einen teilen sie die anderen teilt es J Mir hat es gefallen, auch
wenn ich immer wieder gefordert wurde, aber ich denke, ihr müsst für euch
entscheiden, ob es etwas für euch ist oder nicht.
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