Rezension zu Julia Mayers "Rehruf"
Bewertung 4 Sterne
Inhalt:
Die 16 jährige Inga leidet seit frühster Kindheit an einer
unheilbaren und chronischen Form der Masern. Ihr Leben ist eine einzige Abfolge
von Krankheitsschüben unterschiedlichster Stärke, die sie im Alltag massiv
einschränken. Doch je älter Inga wird, desto heftiger werden die Schübe und ihr
ist bewusst, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis sie sterben wird. Doch
so einfach will es Großtante Randi dem Schicksal nicht machen. Sie beschließt
Ingas Leiden ein Ende zu setzen und ihr ein neues zu schenken. Das Wasser des
heimatlichen Flusses besitzt magische Kräfte, getrunken gewährt es einem eine neue
Existenz. Allerdings hatte dieser Zauber einen Haken, denn von nun an muss Inga
als Rehdoppel leben. Als neustes Mitglied einer fern ab im Wald angesiedelten
Herde, verbringt sie fortan ihre Tage als Reh und verwandelt sich des Nachts
wieder zurück in einen Menschen. Auch wenn sie die Energie und Kraft ihres
neuen Daseins genießt, so leidet sie doch unter der Trennung von ihrer Familie
und deren Trauer um sie. Ihr neues Leben birgt viele Gefahren und Verlockungen,
denen Inga widerstehen muss…
Charaktere:
Julia Mayer hat sehr tiefgründige und vielseitige
Protagonisten erschaffen. Ingas Schicksal, aber auch das ihrer Familie,
insbesondere ihrer Schwester Frederike, ist so lebendig und gefühlvoll beschrieben,
dass man mit ihnen mitleidet. Die Gefühle und Gedanken der einzelnen Figuren
sind sehr realistisch und emotional dargestellt, so dass man auch vermeintlich
törichte Handlungen verstehen und nachvollziehen kann. Verschiedene innere
Monologe oder die Betrachtung der einzelnen Charaktere geben einen tiefen und
detaillierten Einblick in ihr Seelenleben und ihre verworrene Gefühlswelt.
Schreibstil:
Die Geschichte liest sich flüssig und ist spannend beschrieben.
Eine gelungene Kombination aus Märchen, Thriller, Jugendroman und Drama. Ein
überaus vielschichtiges und vielseitiges Buch, das nicht nur mit dem Inhalt,
sondern auch mit der Sprache verschiedenste Lesergruppen anspricht. Die Autorin
versteht sich wunderbar darauf die unterschiedlichen Stimmungen und Gefühle
sprachlich zu vermitteln. Man wird von den Worten durch das Buch getragen. Die
bildliche und detaillierte Darstellung der Figuren und Szenerie ermöglicht es dem
Leser, leicht in die Geschichte abzutauchen und sie vor dem inneren Auge
mitzuerleben. Der Perspektivwechsel zwischen Inga, ihrer Schwester Frederike und
Klara im Laufe des Buchs, gibt der Geschichte Dynamik und Dramatik, da sie die
Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet.
Fazit:
Ich hatte viel Spaß beim Lesen und bin relativ schnell
durchgekommen. Die geschickte Verknüpfung unterschiedlicher Erzählperspektiven
und die Einbindung gelegentlicher Rückblicke verleihen dem Buch Tiefe und
Vielseitigkeit. Rehruf ist fesselnd und spannend geschrieben, die gefühlvollen
Beschreibungen haben meine Emotionen angesprochen und ich habe mit den Protagonisten
gelitten und mit gefiebert. Ein kleines Manko war für mich der Anfang. Der
Prolog hat mich etwas verwirrt, denn ich konnte den Zusammenhang in der Story
erstmal nicht herstellen. Auch der angepriesene Bezug zum Märchen „Brüderchen
und Schwesterchen“, war für mich leider lediglich auf die Verwandlung zum Reh
zurückzuführen. Dennoch hat die Autorin eine wundervolle und zauberhafte
Geschichte geschaffen, die einen ein paar Stunden aus dem Alltag entführt. Ich
kann dieses Buch wirklich jedem empfehlen, der spannende und fantastische
Bücher mag.
Lieblingszitate:
"Ich bin ein Reh.
Und die Welt ist ein Tal, das voller Hoffnung vor mir liegt."
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